Die Post & Vom Wesen des A Posteriori

Post und a posteriori passen auf Anhieb wunderbar zueinander. Denn a posteriori bezeichnet ganz einfach in noblen lateinischen Worten Urteile (im Sinne von Erkenntnissen), die auf der Basis einer (sinnlichen) Erfahrung gefällt wurden. Beispiel: Manche Ehefrauen gehen gelegentlich – also immer dann, wenn sich die Gelegenheit bietet – mit einem der freundlichen Angestellten der Post fremd. Aha. Und?

Wie bei Frau Kollegin Schnabeltier gelernt, illustriere ich das gleich
anhand eines praktischen Beispiels aus dem Alltag eines Ehepaares:

Er schreibt folgende Zeilen an seine Frau:

Meine Liebste,

Du weisst, Du bist bereits 54 Jahre alt und ich habe bestimmte Bedürfnisse die Du leider einfach nicht mehr befriedigen kannst. Aber ich bin immer noch sehr glücklich, Dich als meine Frau zu haben. Ich hoffe, dass ich Dich deswegen nicht verletze, aber jetzt während Du diesen Brief liest, werde ich gerade im Grand Hotel mit meiner 18-jährigen Sekretärin sein. Ich werde aber vor Mitternacht wieder zu Hause sein. Dein Ehemann

Als er zurück zu Hause ist, findet er einen Brief von seiner Frau:

Lieber Ehemann,

Du bist mit Deinen 54 Jahren auch nicht mehr der Jüngste. Während Du diesen Brief liest, bin ich im Sheraton Hotel mit dem 18-jährigen Postboten. Da Du ja Mathematiker bist, wirst Du leicht feststellen, dass 18 in 54 viel öfter rein geht als 54 in 18. Also warte nicht auf mich! Deine Frau.

In diesem Fall können wir aus den Briefen (den schriftlichen Quellen stellvertetend für die Sinnesquellen) empirisch ableiten:

  1. „Er“ ist mit seiner Sekretärin fremd gegangen.
  2. „Sie“ ist mit dem Postler fremd gegangen.

Das ist auch schon alles! Es wäre nämlich überaus gefährlich, daraus
allgemeine Urteile wie

  • Alle Ehemänner treiben es mit ihrer 18-jährigen Sekretärin
  • Alle Ehefrauen gehen mit dem Postler fremd

abzuleiten. Einzig gültig ist nämlich hier, dass 18 in 54 viel öfter rein geht als 54 in 18. Ob dies schon ein a priori-Urteil ist, möge die geneigte Leserin entscheiden.

Interessanterweise tut aber die Mehrheit so, als seien diese aus a posteriori-Erkenntnissen unzulässig abgeleiteten Urteile allgemein gültig, wie man sich täglich z. B. anhand von (Film-)Komödien überzeugen kann. Gäbe es die „stillen Übereinkünfte“, also die (Vor-)Urteile, nicht, wäre das Verhalten der DarstellerInnen in solchen Komödien völlig unbegreiflich.